Paul Scherrer Institut Das Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen im Kanton Aargau ist das grösste Forschungszentrum für Natur- und Ingenieurwissenschaften in der Schweiz. Es beschäftigt rund 2200 Mitarbeiter und zieht jährlich über 2500 Gastwissenschaftler aus der ganzen Welt an, die am renommierten Institut experimentieren.
Christiane Schittny
Luftaufnahme des Paul Scherrer Instituts vom Mai 2016.
Die Schweiz nimmt im Forschungs- und Innovationsbereich eine führende Rolle ein. Jedes Jahr stellt der Bund über 20 Milliarden Franken für Forschung und Entwicklung zur Verfügung. Damit zählt die Schweiz zu den Ländern, die hierfür im Vergleich zu ihrem Bruttoinlandprodukt das meiste Geld investieren. Auch das Paul Scherrer Institut (PSI) profitiert davon. Es gehört unbestritten zu den bekanntesten und erfolgreichsten Forschungsanstalten weltweit.
Forschen mit grossen Geräten
Das Paul Scherrer Institut ist auf drei Forschungsbereiche spezialisiert: «Materie und Material», «Energie und Umwelt» sowie «Mensch und Gesundheit». Dafür entwickelt, baut und betreibt das PSI komplexe Grossforschungsanlagen, auf denen Wissenschaftler ganz spezifischen Fragestellungen der Grundlagen- und angewandten Forschung nachgehen können. Hier werden Experimente durchgeführt, die in kleineren Laboren nicht möglich sind. Die Grossanlagen sind in der Schweiz alle einzigartig, manche davon gibt es ausschliesslich am PSI.
Blick in die Neutronenleiterhalle. Mit insgesamt 14 unterschiedlichen und oft weltweit einzigartigen Instrumenten lassen sich am PSI Materialien mit Neutronen untersuchen.
Angela Papa am MEG-Experiment.
Mitarbeiter in der ESI-Plattform (Energy System Integration).
Anlagen und Einrichtungen des Röntgenlasers SwissFEL.
Überblick der Synchroton Lichtquelle Schweiz (SLS).
Bilder: Switzerland Global Enterprise
Von Neutronen, Myonen und Synchrotonlicht
Neutronen und Myonen sind kleine physikalische Teilchen, Synchrotonlicht ist Röntgenlicht mit höchster Intensität und einstellbarer Energie. Mit ihnen lassen sich Informationen über den Aufbau verschiedenster Materialien gewinnen. Die etwa vierzig verschiedenen Messstellen sind jeweils für bestimmte Experimente besonders gut geeignet. Das sind die am PSI genutzten Grossforschungsanlagen:
• SLS (Synchroton Lichtquelle Schweiz):
Das Synchrotonlicht wird von Elektronen abgestrahlt, die fast mit Lichtgeschwindigkeit auf einer Kreisbahn von rund 300 Metern Durchmesser laufen. Damit können Forschende unterschiedliche Materialien und Gewebe durchleuchten und so den detaillierten Aufbau kleinster Strukturen bis auf Nanogrösse bestimmen.
• SwissFEL (Freie-Elektronen-Laser):
Die 470 Meter lange Anlage erzeugt ultrakurze, wenige femtosekundenlange Pulse von Röntgenlicht mit Lasereigenschaften. Mit ihnen können Wissenschaftler ultraschnell ablaufende Prozesse beobachten. Die Resultate kommen unter anderem der Entwicklung neuer Medikamente oder neuer Materialien in der Elektronik zugute.
• Neutronenspallationsquelle (SINQ):
Anhand von Neutronen können Anordnung und Bewegung von Atomen in Materialien bestimmt werden. In der SINQ werden Neutronen aus Atomen herausgeschlagen und für Experimente verfügbar gemacht. Anwendungsgebiete sind z. B. Forschungen im Bereich der Supraleiter oder Computerspeicher.
• Myonenquelle (SμS):
Myonen sind Elementarteilchen, die in ihren Eigenschaften Elektronen ähneln, jedoch instabil sind. Zerfällt eines dieser Teilchen im Innern eines magnetischen Materials, liefert es Informationen über dessen Magnetfeld. Am PSI können die langsamsten Myonen weltweit generiert werden – eine Qualität, die bei Forschenden äusserst begehrt ist.
Wertvolle Strahlzeit beantragen
Entwicklung, Bau und Betrieb von Grossanlagen sind mit enormem Aufwand und immensen Kosten verbunden. Die wenigsten Wissenschaftler haben bei sich die Möglichkeit, solche Forschungseinrichtungen zu nutzen. Deshalb dürfen externe Forscher, die sich für ihre Fragestellungen einen Nutzen aus Experimenten mit Neutronen, Myonen oder Synchrotonlicht erhoffen, einen Antrag auf Strahlzeit stellen. Ein internationales Expertenkomitee prüft die Forschungsgesuche auf ihre wissenschaftliche Qualität, Relevanz und Durchführbarkeit und gibt dem PSI eine entsprechende Empfehlung ab. Wer als akademischer Forscher Strahlzeit erhält, darf diese kostenlos nutzen. Antragsteller aus der Industrie können Strahlzeit kaufen und die Anlagen des PSI für ihre angewandte Forschung verwenden.
Schwerpunkte Ausbildung und Öffentlichkeitsarbeit
Ein zentrales Anliegen des PSI ist die Ausbildung von jungen Menschen. In der Forschungseinrichtung sind rund ein Viertel der Mitarbeitenden in Ausbildung: Postdoktoranden, Doktoranden und Lernende finden hier optimale Voraussetzungen, verschiedene Berufe oder Forschungsgebiete kennenzulernen und eine spannende berufliche Karriere einzuschlagen.
Wissenschaft und Forschung sollen für die breite Bevölkerung zugänglich und erlebbar gemacht werden. Das PSI lädt zum individuellen Entdecken im Besucherzentrum «psi forum» ein. Über zwanzig interaktive Exponate bringen dort den Besuchern verschiedene Forschungsprojekte auf allgemeinverständliche Weise näher. Ergänzt wird das Programm durch öffentliche Besichtigungen der Experimentierhallen und das Schülerlabor «iLab», in dem jährlich Kinder und Jugendliche aus etwa 200 Klassen unter kompetenter Anleitung ihre Kenntnisse in Chemie, Physik, Biologie oder Ingenieurwissenschaften vertiefen können.