Operieren am schlagenden Herz, das ist der spannende Alltag von Prof. Dr. med. Omer Dzemali, Chefarzt Herzchirurgie am Stadtspital Waid und Triemli in Zürich. Trotz seiner grossen Erfahrung spürt er immer noch, wie das Adrenalin in ihm hochschiesst, wenn er mit der Operation beginnt.
Markus Meier
Mit einem speziellen Gerät fixiert der Operateur die Stelle auf dem schlagenden Herz, an der er die Arterie als Bypass über eine verstopfte Herzkranzarterie einnähen möchte.
Bypass-Operationen sind Ihr Alltag, haben Sie trotzdem noch Herzklopfen, wenn Sie eine verstopfte Herzkranzarterie überbrücken?
Prof. Dr. med. Omer Dzemali: Ich sehe jede Herzoperation als wäre sie die erste meines Berufslebens. Dementsprechend ist immer eine gewisse Anspannung mit dabei. Sobald der erste Hautschnitt erfolgt ist, steigt die Aufmerksamkeit und es beginnt der Kampf mit der Zeit. Zusammen mit meinem OP-Team kümmere ich mich jetzt nur um das Herz und das Wohlergehen des Patienten – mit höchster Konzentration. Mein Adrenalinspiegel geht schlagartig in die Nähe des roten Bereichs hoch, alles andere im Leben wird zur Nebensache.
Früher musste man den Herzschlag zum Operieren extrem verlangsamen, indem man das Herz mit einer hoch konzentrierten Kalium-Lösung umspülte. Wie geht das heute?
Die erste Bypass-Operation wurde durch René Favoloro 1967 mithilfe einer Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. Dieser Eingriff stellt bis heute die Standardoperation in etwa neunzig Prozent der Bypass-Interventionen dar. Die Bypass-Operation am schlagenden Herzen, die sogenannte Off-Pump-Surgery, ist ein neueres Verfahren. Es verspricht Vorteile gegenüber der etablierten Vorgehensweise mit einer Herz-Lungen-Maschine. Dabei werden die Bypässe am schlagenden Herzen angenäht. Um an die Herzkranzgefässe heranzukommen, muss man das Herz aus der gewohnten Position mithilfe von Stabilisatoren herausheben. Damit der Kreislauf des Patienten stabil bleibt, ist eine enge Teamarbeit mit den Anästhesisten zwingend nötig.
Was sind die Vor- und Nachteile dieser neuen Methode und für wen ist sie geeignet?
Mit der Off-Pump-Surgery können einige Nachteile, die durch die Herz-Lungen-Maschine entstehen, vermieden oder reduziert werden: zum Beispiel die Einschränkung der Nieren- und Lungenfunktion sowie mögliche Zwischenfälle im Hirngefässsystem. Sowohl der Herzmuskelschaden als auch Entzündungsreaktionen auf die Herzoperation beziehungsweise aufgrund der Herz-Lungen-Maschine treten dabei in geringerem Masse auf. Die Beatmungsdauer und die Dauer des stationären Aufenthalts können wir so signifikant reduzieren. Daher finden diese Operationsverfahren ohne Herz-Lungen-Maschine bei uns als Standardeingriff statt.
Normalerweise muss man bei einer Bypass-Operation den Brustkorb eröffnen. Sie machen aber auch einen schonenderen Zugang. Wie funktioniert das?
Bei der minimalinvasiven, direkten, koronararteriellen Bypass-Operation, MIDCAB-
Technik genannt, kommen die Vorteile des minimalinvasiven Eingriffs hinzu: kleine Operationswunde, geringere Schmerzbelastung, frühere Mobilisierung, besseres kosmetisches Ergebnis etc. Die MIDCAB am schlagenden Herzen ist inzwischen ein gängiges Verfahren, den Verschluss der linken vorderen Koronararterie mit einem vorwiegend arteriellen Bypass der Brustwandarterie zu versorgen. Minimalinvasiv ist dabei der kleine Zugang von 5–8 cm im Zwischenrippenraum in der linken Brustfalte. Die Präparation der Brustwandarterie geschieht entweder direkt oder unter Videoassistenz. Die Herzoberfläche wird entlang des Gefässverlaufs durch einen Druckstabilisator ruhig gehalten, damit die Gefässnaht ungestört erfolgen kann. Bei Mehrgefässerkrankungen, also Verengungen oder Verschlüssen mehrerer Koronararterien, wird die MIDCAB-Operation häufig in Kombination mit der Ballonerweiterung, der perkutanen, transluminalen, koronaren Angioplastie angewendet. Diese PTCA zusammen mit MIDCAB ist also ein Hybridverfahren.