Digitalisierung und der persönliche Kontakt können die Position der Apotheke als medizinischer Grundversorger stärken. Gefragt ist beides: jederzeit online bestellen zu können und sich persönlich beraten zu lassen.
Mireille Guggenbühler
Zum Beispiel: Vor zwei Jahren hat Galenica AG das Onlineangebot seiner Apotheken weiter ausgebaut. Rund 40 000 Produkte des schweizweit grössten Apothekennetzwerks sind seit diesem Zeitpunkt in den Onlineshops verfügbar. Darunter fällt beispielsweise auch das Angebot «Click and Collect» der Apotheken Amavita, Sun Store und Coop Vitality, bei dem Kundinnen und Kunden unabhängig von Öffnungszeiten online bestellen und selber wählen können, wann und in welcher der rund 330 Apotheken sie ihre Produkte abholen möchten. Galenica umschreibt den Ausbau des Onlineangebots im Geschäftsbericht 2018 denn auch so: «Der Puls der Kunden will heute off- wie online gefühlt sein. So können wir die Kunden dort bedienen, wo es für sie am bequemsten ist.»
Die Online-Strategie und die Investition ins Onlinegeschäft von Galenica passt offenbar zum Einkaufsverhalten vieler Apothekenkunden. Dies unterstreicht auch der Apothekenmonitor 2019 des Markt-und Meinungsforschungsinstituts GfS aus Bern. In diesem wird aufgezeigt, dass immer mehr Kundinnen und Kunden den Onlinebezug von Medikamenten praktischer finden als den Gang in die Apotheke.
Digitalisierung gilt als zukunftsträchtig
Die Digitalisierung des Leistungsangebots von Apotheken erachtet der Verband pharmaSuisse denn auch als eine der zukunftsträchtigsten Investitionen, die Apotheken vornehmen können. Dabei sei es vor allem die Kombination von digitalen Möglichkeiten, wie etwa einer Webseite mit der Verbindung vor Ort, bei der eine Beratung sichergestellt ist, die Zukunft habe, hält der Verband auf Anfrage fest. In der Umfrage von GfS hat sich denn auch gezeigt, dass das Vertrauen ins Internet als Beratungsmedium rückläufig ist und die Beratung durch das Apothekenpersonal nicht ersetzt. Das hiesige Recht dürfte das Seine dazu beitragen: Eine rein digitale Bestellung beziehungsweise Beratung ist mit der geltenden Rechtsprechung laut pharmaSuisse nämlich gar nicht möglich. Auch bei rezeptfreien Medikamenten müsse zwingend ein persönlicher Kontakt zwischen Patient und Medizinalpersonal stattfinden.
Klar ist: Wer in ein neues Geschäftsmodell auf der Basis digitaler Möglichkeiten investiert, muss berücksichtigen, dass damit weitere Investitionen einhergehen. Seien es beispielsweise solche in die Sicherheit der IT-Systeme oder in die Weiterbildung des Personals. Bei den Apotheken, die zur Galenica AG gehören, stehen Investition in die IT-Sicherheit – nebst anderen Investitionen – denn auch im Vordergrund, wie das Unternehmen auf Anfrage festhält.
Auch in Deutschland ein Thema
Inwiefern Apotheken in der Schweiz im Detail in die Digitalisierung investieren und damit verbunden weitere Investitionen vornehmen, dazu gibt es allerdings keine Zahlen. Im Nachbarland Deutschland dagegen zeichnet der Apothekenreport 2018 der Aliud Pharma Group ein interessantes Bild: Knapp 80 Prozent der befragten Apothekerinnen und Apotheker sehen grosse Chancen für neue Umsatzmöglichkeiten durch die Digitalisierung. Gleichzeitig planen aber 25 Prozent der Apothekerinnen und Apotheker diesbezüglich keine Investitionen in den kommenden 12 Monaten und 6 Prozent haben noch gar keinen eigenen Webauftritt.
Rolle als Grundversorger ist ebenfalls zukunftsträchtig
Neben der Digitalisierung sorgen aber auch die Revision des Heilmittelgesetzes und die Änderungen im Medizinalberufgesetz für Möglichkeiten, neue Geschäftsbereiche aufzubauen. So schaffen die Gesetzesänderungen eine neue Rollenverteilung innerhalb der medizinischen Grundversorgung. Die Rolle der Apothekerinnen und Apotheker als Grundversorger wird gestärkt, ihr Wissen soll in die Beratung, Behandlung und Betreuung von akut erkrankten oder chronisch kranken Menschen fliessen oder in die Gesundheitsprävention. Als zukunftsträchtig könnte sich ergänzend die interprofessionelle Zusammenarbeit erweisen, welche die Synergien und den Austausch zwischen Apotheken und Ärzten sowie zwischen Apotheken und Spitälern fördern – gerade im Bereich von chronisch kranken Personen, hält pharmaSuisse fest.
Wie im Apothekenmonitor 2019 des Markt- und Meinungsforschungsinstituts GfS aus Bern denn auch festgehalten ist, ist «die Apotheke der Zukunft weit mehr als ein Ort des Medikamentenbezugs». Vielmehr sei sie «Beratungs- und Betreuungszentrum in einem und bei Bedarf auch das Bindeglied zum Arzt». Das bereits bestehende, breitere Angebot an Services werde wahrgenommen, verschiedene Kampagnen wie beispielsweise im Bereich des Impfens zeigten Wirkung. «Das Interesse an solchen neuen Angeboten und Dienstleistungen steigt ungebrochen in der Bevölkerung.»
Diese steigende Nachfrage nach neuen Dienstleistungen in verschiedenen Bereichen, kann eine Neupositionierung von Apotheken nach sich ziehen, die wiederum Investitionen auslösen kann. Sei es, dass die Apotheke ein vom Verkaufsraum abgetrenntes, separates Behandlungszimmer einrichten, das Personal schulen oder in den verschiedensten Kanälen auf das neue Angebot aufmerksam machen muss.
«Der Kunde soll sich willkommen und gut umsorgt fühlen und die Apotheke als erste Anlaufstelle bei allen gesundheitlichen Fragen wählen», schreibt pharmaSuisse dazu.
Zukunft versus Realität
Die Digitalisierung und die neue Rolle in der Grundversorgung dürften also jene zwei Punkte sein, die für die Apotheken in Zukunft ein wichtiges Investitionsfeld werden könnten, um sich weiterhin am Markt behaupten zu können.
Doch welches sind denn die tatsächlich am häufigsten vorgenommenen Investitionen? Diese möchte beispielsweise Galenica AG «aus wettbewerbstechnischen Gründen nicht im Detail» beantworten. Galenica investiere laufend in ihre Apotheken. Zusammenfassend lasse sich sagen, dass Investitionen in die Weiterbildung des Personals beispielsweise für die Triage oder angebotene Dienstleistungen, für Investitionen in die Infrastruktur der Apotheken und in die Sicherheit der IT-Systeme und Patientendaten im Vordergrund stünden. Die Massnahmen würden für die Apotheken in der Regel entsprechend der Absatzmarktstrategie des Formats zentral festgelegt, sodass sich die Geschäftsführer der Apotheken auf die Betreuung der Patienten und die Weiterbildung des Personals fokussieren könnten, hält Galenica fest.
Der Verband pharmaSuisse verfügt bezüglich der am häufigsten vorgenommenen Investitionen in den Schweizer Apotheken über keine Zahlen. Mediensprecherin Rahel Rohrer vermutet allerdings, dass weitaus am häufigsten Investitionen «wohl am ehesten im logistischen Bereich» vorgenommen würden. •