Unermüdlich wird weltweit nach Impfstoffen und Medikamenten gegen das Coronavirus gesucht. Doch auch eine verlässliche Diagnostik ist wichtig, um die Pandemie in den Griff zu bekommen. Schweizer Forscher arbeiten mit Hochdruck an einem neuartigen Röntgengerät zur einfachen und schnellen Erkennung von Corona-Infektionen.
Christiane Schittny
Vergleich eines klassischen Röntgenbildes (links) und einer X-DFR-Aufnahme (rechts) einer geschädigten Rattenlunge (gelb = Umriss der Lunge).
Die Letalität der COVID-19-infizierten Bevölkerung liegt zum heutigen Zeitpunkt weltweit bei etwa sieben Prozent. Viele Menschen machen die Erkrankung hingegen (fast) symptomlos durch, weshalb eine Ansteckung oft nicht bemerkt wird. Doch je früher die Erkrankung erkannt wird, desto schneller können Infektionsketten unterbrochen werden und umso effektiver sind die Behandlungsmöglichkeiten.
Testmöglichkeiten heute
Durch PCR-Tests (Nasen-Rachen-Abstrich) können Personen mit einer akuten SARS-CoV-2-Infektion mehr oder weniger zuverlässig identifiziert werden. Das Ergebnis liegt aber erst nach ein bis zwei Tagen vor und Erkrankte ohne Symptome werden in der Regel nicht getestet. Ein weiterer wichtiger diagnostischer Ansatzpunkt ist der Nachweis von Lungenentzündungen, die speziell bei diesem Virus nicht selten symptomlos verlaufen. In herkömmlichen Röntgenaufnahmen sind Lungenentzündungen nur relativ schwer nachweisbar. Deutlich besser gelingt dies mit Computertomografie (CT). Der Nachteil hier: Das Verfahren ist aufwendig, teuer und mit einer erheblichen Strahlenbelastung für den Patienten verbunden.
Diagnose via Dunkelfeld-Radiografie
Eine disziplinübergreifende Forschergruppe aus Physikern der ETH, Lungenexperten der Uni Bern und Klinikern des USZ arbeitet am Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen/AG fieberhaft daran, ein neuartiges Röntgengerät zu entwickeln. «Bei der Gitter-Interferometer-basierten Dunkelfeld-Radiografie (X-DFR) werden Röntgenstrahlen im Gewebe lokal gestreut, was einen sehr hohen Kontrast und eine ausgesprochen gute bildliche Auflösung ermöglicht. Änderungen im Lungengewebe werden dadurch relativ einfach nachweisbar», sagt Marco Stampanoni, Professor für Röntgenbildgebung an der ETH Zürich und Leiter des Röntgen-Tomografie-Teams am PSI.
Durch die Kombination einer herkömmlichen Röntgenaufnahme mit einer Dunkelfeld-Radiografie der Lunge berechnet der Computer automatisch ein sogenanntes «Heat-Map»: Durch entsprechende Farbgebung des Lungenausschnittes auf dem Bildschirm lässt sich sofort und auf einen Blick erkennen, ob Schädigungen vorhanden sind oder nicht.
Verschiedene Einsatzgebiete
Der grosse Vorteil der X-DFR ist nicht nur der hohe Informationsgehalt der Lungenaufnahmen, sondern auch die geringe Strahlenbelastung für den Patienten. Diese liegt bei etwa 0,1 bis 0,5 Millisievert (mSv), also im Bereich einer normalen Röntgenaufnahme, wohingegen eine CT-Aufnahme eine Belastung von 5 bis 10 mSv mit sich bringt.
Die innovative Diagnosemethode könnte als Screening-Methode zum Beispiel in Testzentren oder auf Flugplätzen eingesetzt werden, um COVID-19-Erkrankte sofort zu erfassen und entsprechende Quarantäneverfahren einzuleiten. «Man könnte auch asymptomatische Infektionen entdecken, schneller behandeln und dadurch potenzielle lebensbedrohliche Komplikationen vermeiden. Der Verlauf der Erkrankung liesse sich zudem konstant überwachen», erklärt Marco Stampanoni.