Blick über den Zaun

Home Barista Shop   Kopieren heisst nicht unbedingt nachahmen. Sondern kapieren, dass verschiedene Branchen «Verkaufserfolg» ganz anders erreichen, als es die Mehrheit der Geschäftsinhaber in der eigenen Berufssparte anstrebt. Kurzum: Es lohnt sich manchmal, über den Zaun zu blicken und sich entsprechend verunsichern und inspirieren zu lassen – Neues zu wagen!
Hans Wirz


Lockere Freundlichkeit für jeden Gast, trendige Räume und sehr viel Technik – Lifestyle pur in Aarau.

Bahnhofplatz Aarau. Der erste Eindruck: Dieses Geschäft läuft schnell, die Stimmung ist hervorragend, die Menschen sind zufrieden. «Wir sind an diesem Standort kein gemütlicher Tearoom, sondern bieten kurze Auszeiten mit hervorragenden Kaffeegetränken und anderen Leckereien an.» Sowie – das muss man hinzufügen – mit derzeit über hundert Sorten Kaffeebohnen in goldenen Säcken, einer feinen Auswahl von speziellen Verpflegungswaren und mit einem endlosen Sortiment an ebenso praktischem wie erlesenem Zubehör für Kaffeeliebhaber, «die zu Hause ihre eigene Genussoase aufbauen wollen.» So Philippe Gacond, Inhaber des Home Barista Shop. «Unsere Kundinnen und Kunden teilen unsere Leidenschaft bezüglich Kaffee, schätzen unsere Qualität und zahlen dafür einen angemessenen Preis.» Offensichtlich spielt gegen­seitige Wertschätzung eine grosse Rolle, ­«Geben und Nehmen muss stimmen.» Was sonst zeichnet das Geschäft aus? Was ist uns aufgefallen?


Gastgeber Philippe Gacond freut sich, dass die Gäste über den Touchscreen jederzeit die Welt in den Home Barista Shop holen können. Und zudem heisse Tipps für speziellen Kaffeegenuss vorfinden.

Mehr Leidenschaft 

Die Routine gibt es im Home Barista Shop, den Normalfall nicht: Während in vielen traditionellen Geschäften (auch in Apotheken und Drogerien) das Herkömmliche und Gemütliche dominiert, läuft es in diesem Treff zügig – der Genuss ist intensiv. Der Chef gibt den Takt mit einer ständigen «kreativen Unruhe» vor. So, als fände ein andauernder Verbesserungsprozess statt – was auch absolut der Fall ist. Optimierung des Ganzen lautet das Zauberwort: Parallele Förderung der Qualität und Erhöhung der Effizienz. Beispielsweise ist das Laden­geschäft gleichzeitig das Lager des bereits gut etablierten Onlineshops – was die Attraktivität des Raumes für die Kundschaft deutlich erhöht und externe Lagerkosten spart. Überhaupt: Sein Bestes geben, immer 100 Prozent für die Kundschaft, bestimmt den Erfolg des Home Barista Shops – auf die Details kommt es an. ­«Alles ausprobieren, sich leidenschaftlich an den Wünschen der Kundinnen und Kunden orientieren, nicht an der Konkurrenz», so Philippe Gacond mit seinen 15 Jahren Erfahrung als ­innovativer Unternehmer.

Reduzieren und beraten

Gleichzeitig wird vereinfacht und reduziert; eine Karte zum Angebot gibt es nicht. Stattdessen Notizen an den Wänden und eine elektronisch-berührungsaktive «Infowand». Viele, die genüsslich Kaffee schlürfen, holen sich gleichzeitig die «richtigen» Bohnen für zu Hause oder im Büro. «In Sachen Bohnen bieten wir momentan über hundert verschiedene Sorten an – und alle unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können entsprechend beraten.» Zum Thema Reduzieren gehört andererseits beispielsweise, dass – in der Tasse oder im Detailhandel – nur eine einzige Sorte Trinkschokolade im Regal steht. «Die ist im An- und im Verkauf höllisch teuer, aber im Geschmack und Qualität ausserordentlich gut. In diesem Sinn verstehen wir alle unsere Angebote als ‹günstig›», so der Barista. «Günstig» heisst für ihn hohe Qualität und entsprechend hohe, aber keinesfalls überrissene Preise. 

Der Chef gibt den Takt mit einer ständigen «kreativen Unruhe» vor. So, als fände ein andauernder Verbesserungsprozess statt – was auch absolut der Fall ist.

Der Weg ist das Ziel

Die Stammkundschaft pflegt der Barista ­leidenschaftlich gerne, neue Kaffeegeniesser sind ihm jeden Tag willkommen. Ebenso wichtig ist ihm ein gutes Team. Beides zusammen, Kundschaft und ein flexibles, schnelles und mitdenkendes Team, sind die wichtigsten Voraussetzungen für die Weiterentwicklung des Geschäftes. «Natürlich habe ich viele Vor­stellungen vom Ausbau des Angebotes, aber ebenso wichtig ist mir die Stabilität des Ganzen.» 

Der Chef als «Springer»

Alle Mitarbeitenden sollten alles können: ­Spezialitätenkaffee und besondere gastronomische Leckerbissen zubereiten, über alle ­Kaffeesorten und Hilfsmittel im Angebot ­genau Bescheid wissen, die Kundinnen und Kunden so begleiten, wie diese sich das ­wünschen. Phillipe Gacond selbst sieht sich in allen Jobs als Vorbild, ist so häufig wie möglich vor und hinter den Tresen und springt überall ein, wo es nötig ist. Wie jeder gute Chef.


Lecker und gesund, was den Besuch zum kleinen Fest macht.
Das Spezielle liegt auch in den Kleinigkeiten für den anspruchsvollen Gaumen.

Ein Rezept, verschiedene Umsetzungen

Phillipe Gacond führt neben dem Home Barista Shop beim Bahnhof zwei weitere Gaststätten in Aarau und ist stark im Onlinegeschäft, das er seit sechs Jahren aufbaut. Jedes seiner vier ­Geschäfte hat seinen speziellen Charakter und deckt unterschiedliche Bedürfnisse ab. Dem entsprechend sind die hauptsächlichen Merkmale (USPs) der drei Gaststätten grundverschieden, beispielsweise bezüglich Gemütlichkeit, hingegen sind die unternehmerischen Grundsätze die gleichen. «Es geht immer um aktuelle Angebote in hoher Qualität, Kundenpflege, mehrheitlich aufgestellte Teamarbeit, Kontinuität und Weiterentwicklung. Sowie kalkulierbare Risiken, eine befriedigende ­Rendite und Freude am Job», meint der Meister des ­Kaffeegenusses und kreiert den nächsten ­fantastischen Cappuccino mit Herz. •